Die Zukunft der gesetzlichen Rente oder ist die Rente sicher?

24. November 2019

Ein hochkarätig besetztes Podium diskutierte über die Frage, ob die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung zum einen noch zeitgemäß ist und zum anderen noch finanziert werden kann. Worin die Chancen Risiken und Probleme unserer gesetzlichen Rentenversicherung bestehen.
Die Veranstaltung begann mit einem Grußwort der Bindlacher SPD Bürgermeisterkandidatin Xenia Keil, die auf einen Meilenstein der Rentenreform, die Grundrente, einging. Gleichzeitig stellte sie jedoch fest, dass man die Freiheit des Alters nur genießen könne, wenn man auch wisse wovon – dies ist bei immer mehr Menschen leider immer öfter nicht der der Fall. Insofern haben viele Menschen Angst vor der Zukunft, vor allem der Zukunft nach ihrem Erwerbsleben.

Die Parlamentarische Staatsekretärin Anette Kramme, die die Veranstaltung moderierte, legte in einer Ist-Analyse der aktuellen Rentenpolitik die Probleme und Chancen der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung dar. Die Einnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung sind derzeit fast so hoch, wie der gesamte Bundeshaushalt. Die Verbesserungen in der Rentenversicherung, die die SPD in der großen Koalition umsetzen konnte ( z.B. die Grundrente, die Mütterrente und die Verbesserungen bei der Erwerbsunfähigkeitsrente) haben dazu beigetragen, dass immer mehr Menschen eine höhere Rente erzielen. Es gibt jedoch noch viel zu tun, um die Situation für noch mehr Menschen zu verbessern. So muss unter anderem das Rentenniveau unbedingt stabilisiert und die Rehaleistungen für die Erwerbstätigen verbessert werden.

Der Bundesvorsitzende der AG 60 plus, MdB Bindig brachte zu Beginn der Diskussion bereits auf den Punkt: "Es ist nun mal so, wenn es viele Rentner gibt, müssen die Jungen viel zahlen." Die Finanzierung der Rente wäre ein wesentlich geringeres Problem, wenn die Produktivitätssteigerung fair verteilt werden würde. Dann würden die besser bis sehr gut verdienenden Erwerbstätigen auch mehr in die Rentenversicherung einbezahlen. Einkommen gerechter zu verteilen hieße, auch gerechtere Renten.
Bei einer von vielen geforderten kapitalgedeckten Vorsorge stellt sich jedoch die Frage: wo kommt das Kapital her. Die Erfahrungen mit einer kapitalgedeckten Rente in den USA und in Chile zeigen, dass der Zusammenbruch des Kapitalmarktes zu einem Komplettausfall des Rentensystems führt.

Der Landratskandidat der SPD Jan Fischer lenkte den Blick auf das Dilemma vieler junger Erwerbstätiger, die sich weder höhere Rentenbeiträge noch eine eigene private Vorsorge leisten können. Diese müssen für ihre eigene Lebenshaltung erhebliche Mittel aufwenden. Hier spielen unter anderem die extrem hohen Mieten eine wesentliche Rolle. Die ungenügende Altersvorsorge der jungen Menschen liegt nicht in einem Desinteresse begründet, sondern im Mangel ihrer finanziellen Möglichkeiten. Rente und die Frage der eigenen Vorsorge darf und kann nicht isoliert von anderen drängenden Themen, wie z.B. den hohen Mieten oder den Ausbildungskosten für Kinder, betrachtet werden. Höhere Beiträge für eine Rentenversicherung beziehungsweise der Aufbau einer privaten Altersvorsorge setzen jedoch voraus, dass die jungen Menschen ein Einkommen erzielen, das solche Ansparungen auch zulässt.
Dass jedoch auch junge Menschen bei der Diskussion anwesend waren, zeigt, dass sie dieses Thema beschäftigt. Es geht um ihre eigene Zukunft.

Professor Ulrich von der Universität Bayreuth betrachtete das Problem unter dem volkswirtschaftlichen Aspekt. „Die Rente ist sicher“, insofern habe Norbert Blüm recht, aber nicht sicher ist die Rentenhöhe. Die Langlebigkeit der umlagefinanzierten Rentenversicherung ist aufgrund der Entwicklung der Alterspyramide gleichzeitig ihr größtes finanzielles Risiko. Finanziert werden kann eine gesetzliche Rente im Umlageverfahren immer, es ist jedoch fraglich, in welcher Höhe. Daher kann die gesetzliche Rentenversicherung nur die Basis der Altersversorgung sein. Alle Staaten, die eine umlagefinanzierte Rentenversicherung haben, haben neben der gesetzlichen Rente weitere Säulen der Altersvorsorge aufgebaut. Es kann auch nicht verleugnet werden, dass die Erwerbsarmut sich zu Altersarmut weiterentwickeln wird.

Für den DGB nahm Matthias Eckert an der Diskussion teil. Das Grundproblem der gesetzlichen Rente sieht auch er darin, dass eine gute Rente ein gutes Einkommen voraussetzt. Bedenkt man jedoch, das in den letzten 20 Jahren 25% der Menschen in sogenannten prekären Beschäftigungsverhältnissen beschäftigt waren, so wird es immer mehr Menschen geben, die mit ihren erwirtschafteten Beiträgen eine Rente erzielen werden, die nicht mehr zur Sicherung der Lebenshaltung ausreicht. Die zentrale Frage ist, wie wollen und sollen Senioren künftig Leben. Danach richtet sich auch die Beantwortung der Frage, ob eine Rente zum Leben ausreicht. Die Finanzierung der gesetzlichen Rente ist nur dann möglich, wenn sich alle Arbeitenden an der umlagenfinanzierten Rente beteiligen.

Die Präsidentin des VdK Verena Bentele lenkte den Blick darauf, dass immer mehr Menschen aus dem Rentensystem fallen und damit durch das soziale Netz. In erster Linie sind dies Menschen, die aufgrund unterschiedlichster Umstände eine unterbrochene Erwerbsbiografie haben und nicht die erforderlichen Einzahlungen, in die die Rentenversicherung leisten können, so dass der eigene Rentenanspruch sehr niedrig sein wird. Die Kampagne des VdK "Rente für alle" betrachtet jedoch die gesetzliche Rentenversicherung als Fundament für die Altersversorgung. Die Zukunft der Rente muss neben diesem Fundament noch eine breite Basis haben, um eine ausreichende Rente zu sichern. Sie sieht die Erhöhung des Eintrittsalters in die Rente sehr kritisch. In vielen Berufen können Menschen aus gesundheitlichen Gründen einfach nicht länger arbeiten. Würden jedoch alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, so wäre eine breite Basis erreicht.

Als Fazit kann aus der Veranstaltung mitgenommen werden, dass alle Teilnehmer auf dem Podium die gesetzliche umlagefinanzierte Rentenversicherung als beste Form der Altersvorsorge betrachten. Diese muss jedoch um weitere Säulen erweitert werden. Hierfür muss den Erwerbstätigen aber auch ein finanzieller Spielraum zur Verfügung stehen . Unterbrochene Erwerbsbiografien, prekäre Arbeitsverhältnisse sonstige hohe Lebenshaltungskosten machen eine Ergänzung der gesetzlichen Rentenversicherung durch eine private Altersvorsorge schwierig.
Beim Blick über den Gartenzaun in andere Länder und andere Rentensysteme muss jedoch immer das gesamte System betrachtet werden. Es darf keine "Rosinenpickerei" stattfinden. So wird z. B. in Österreich eine höhere Rente an mehr Personen ausbezahlt, es sind jedoch aber 16 Jahre Beitragszeit erforderlich, um einen Rentenanspruch überhaupt zu erwerben. Im Vergleich dazu genügen in der Bundesrepublik 5 Jahre.
Wenn überhaupt, so ist ein Vergleich mit einem Rentensystem in einem anderen Staat nur dann zulässig, wenn die gesamte gesellschaftliche Situation in Betracht gezogen wird.

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